Polemiken

Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig in der Umgangssprache auf Logik geachtet wird, und wie einfach es ist, an beständig benutzten Redewendungen das Geschwurbel (Zitat G. Schramm) zu durchschauen.

Alternative
Beweis
Quantensprung
Vorstellung
Wahrscheinlichkeit

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Quantensprung

Wir müssen einen Quantensprung erreichen! ist eine beliebte Wahlkampffloskel.
Was ist ein Quantensprung? Vielleich ein wenig diskontinuierlich, auf keinen Fall aber besonders groß. Ein Quantensprung ist ein besonders schneller Übergang zwischen verschiedenen stationären Zuständen eines Systems. Im Zeitmaß der Beobachtungen erscheint er als unstetig, er muss es aber nicht sein. Immerhin sieht man Sprünge nur im Einzelnen, wo sie nicht besonders große, sondern kleinstmögliche Änderungen betreffen.
Im Organismus ist der Übergang zwischen zwei Zuständen des Adenosintriphosphats (ATP) das Maß aller Dinge. Die Übergangsenergie beträgt 0.51 eV. Um 1 g im Schwerefeld der Erde um 1 cm zu heben, bedarf es bereits 10-4 Ws = 6.6 1015 eV, also mehr als 1016 solcher Quantensprünge.
Wer also einen Quantensprung erreichen will, weiß entweder nicht, wovon er redet (man nennt das pseudowissenschaftliches Imponiergehabe), oder er will wirklich keinen kleinen Finger krumm machen.

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Vorstellung

Das kann ich mir nicht vorstellen! ist eine oft benutzte Floskel.
Sie soll ausdrücken, dass ein von anderer Seite zitierter Report oder Schluss falsch sein muss. Sie drückt aber nur aus, dass der Sprecher in seinem Erfahrungsbereich oder seinem logischen Schlussvermögen zu beschränkt ist, die Situation zu erfassen oder den Schluss nachzuvollziehen. Sein Ausruf ist eine Feststellung dieser Beschränktheit. Empfehlenswert ist statt dessen die Feststellung Das glaube ich nicht! Sie lässt offen, ob man dafür gute Gründe hat oder nicht.

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Alternative

Dazu gibt es keine Alternative! hört man immer dann, wenn Diskussion und Widerspruch abgewürgt werden sollen. Wenn der Sprecher das ernst meint, sagt er damit, dass er im Kopf nicht ganz vollständig ist, denn Alternativen gibt es immer. Sie müssen nur zur Bewertung oder Entscheidung zugelassen werden. Die Sprecher meinen es aber nicht ernst, sondern wollen nur verschleiern, dass ihnen Alternativen nicht passen, weil das Geld dann in andere Taschen fließt, weil ihre Klientel das nicht will, weil sie nicht genug wissen oder können, um die Alternativen zu bewerten und anderes mehr.

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Beweis

Das ist wissenschaftlich bewiesen! hört man nur von Sprechern, die nicht wissen, was Wissenschaft ist und was ein Beweis ist oder kann.
Ein Beweis ist ein Schluss von bestimmten Voraussetzungen auf ein Ergebnis. Damit ist er richtig oder falsch. Das Attribut wissenschaftlich ist überflüssig und zeigt bestenfalls, das der Sprecher seine Partner einschüchtern will, weil er fühlt oder weiß, dass der Beweis falsch ist oder seine Voraussetzungen nicht zutreffen.
In Zusammenhang mit einer Beobachtung oder Messung zum Test einer Vermutung, Hypothese oder Theorie gilt darüber hinaus, dass eine Beobachtung oder Messung nur dann Beweiskraft hat, wenn dieser Test der Erwartung widerspricht. Dann ist die Vermutung unzutreffend, die Hypothese unbrauchbar, die Theorie änderungsbedürftig. Entspricht der Test der Erwartung, hat man bestenfalls eine Stütze, aber keineswegs einen Beweis für das Zutreffen der Vermutung oder die Gültigkeit der Hypothese. In diesem Sinne kann man jenseits der Mathematik mit einem Beweis bestenfalls eine Vermutung oder Hypothese widerlegen.

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Wahrscheinlichkeit

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
Was soll das heißen? Schwören ja, aber nicht wetten (Яков Борисович Зельдович)? Und wenn doch wetten, dann aber nicht auf meine Kosten?

Keine Wahrscheinlichkeit P, die nicht Sicherheit (hier P=1) ist, grenzt an Sicherheit. Zu jeder Wahrscheinlichkeit P < 1 gibt es eine größere (Q mit P < Q < 1), die immer noch nicht Sicherheit bedeutet. Selbst P=1 verspricht nicht Sicherheit im landläufigen Sinn. Haben wir eine kontinuierliche Menge von Möglichkeiten, kann es auf einer Teilmenge vom Maße Null immer noch anders aussehen.

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