Auf dem Telgrafenberg, im Keller des
für das Astrophsikalische Observatorium Potsdam 1874 erbauten Gebäudes,
befindet sich ein Schatz.
Hier ist der Ort des ersten erfolgreichen Experiments zur Zusammensetzung der
Bahngeschwindigkeit der Erde mit der Lichtgeschwindigkeit, der Ort des ersten
Michelson-Experiments. Hier steht an historischer Stelle
die getreue Nachbildung einer Apparatur, deren Grundidee heute noch bei
der Messung kleinster Längenänderungen unübertroffen ist: Der Nachweis von
Gravitationswellen bedient sich dieses Prinzips.
Arthur A.Michelson erhielt für die Erfindung seines Messprinzips
einen der ersten Nobelpreise der Geschichte. |
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Wir treten durch die Kellertür und einen Umgang in einen runden Raum mit
einem Kugelgewölbe, der das Fundament eines Fernrohrs getragen hat.
In der Mitte steht eine gemauerte Säule, die die Nachbildung des Apparats
trägt, den Michelson benutzt und beschrieben hat. |
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Michelson kam als Stipendiat nach Berlin und hat die
Apparatur nach seinen Angaben bauen lassen. Sie sollte zeigen, dass man mit ihr
den kleinen Unterschied messen kann,
der sich aus der Zusammensetzung der Erdbewegung mit der
Lichtgeschwindigkeit ergeben sollte: Licht,
das die Erde überholt, sollte in Bezug auf die Erde 60 km/s langsamer
sein als das Licht, das der Erde entgegenkommt. |
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Dazu erzeugt Michelsons Apparat über verschiedene Wege zwei Spiegelbilder
einer Lichtquelle. Das
gemeinsame Licht der beiden Spiegelbilder zeigt durch ihre Interferenz ein Muster, das
empfindlich auf Änderungen im Abstand dieser Bilder voneinander reagiert: Bei
sichtbarem Licht geht es ohne weiteres hinab bis auf Änderungen von 10 nm.
Addiert sich die Bahngeschwindigkeit der Erde zur Lichtgeschwindigkeit,
gibt es eine kleine Änderung in den Abständen der Spiegelbilder. Diese
soll nachgewiesen werden.
Nun kann man zum Vergleich die
Geschwindigkeit der Erde nicht abschalten, aber man kann durch Drehen der
Apparatur die beiden Lichtwege vertauschen und so dem Effekt das andere Vorzeichen geben.
Die Unterschied des neuen Interferenzbildes vom ersten muss dann den Effekt
der Addition zeigen. |
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Michelson fand keinen Unterschied. Er war enttäuscht, weil er die Güte seiner
Technik nicht demonstrieren konnte. Wieso eigentlich?
Man hatte doch Gründe anzunehmen, dass die Ausbreitung des Lichts wie die des Schalls
von irgend einer Substanz (sie erbte den Namen Äther) getragen wird,
die einen entsprechenden Fahrtwind erzeugt, wenn man sich in ihr bewegt.
Niemand würde solch eine Windgeschwindigkeit
in einem Keller messen wollen. Und Michelson fand ja auch, dass die Lichtausbreitung
im Keller sich an den Wänden orientiert, und nicht am Sonnensystem oder am Fixsternhimmel.
Der Äther ist im Keller eben eingeschlossen und sorgt dafür,
dass die Bewegung der Erde nicht spürbar wird, wie es das Relativitätsprinzip
seit Galilei auch verlangt. | |
Was ist also dran am "Nullresultat"? Es liefert einen richtig handfesten Widerspruch
zu einer anderen Beobachtung, die gerade
die Zusammensetzug der Lichtgeschwindigkeit mit der auf der Erdbahn
ebenfalls in geschlossenen Räumen zeigt,
zur Beobachtung der Aberration des Sternenlichts.
Diese Aberration spielt im täglichen Leben keine Rolle, aber sie zeigt,
dass sich tatsächlich die Erde um die Sonne bewegt, und dass das Kopernikanische
System nicht nur eine geometrische Vereinfachung darstellt.
Die Aberration ist Ergebnis einer Art
Regenschirmeffekt für das Licht. So wie im Regen die Tropfen immer
aus der Richtung zu kommen scheinen, in die man laufen muss, rücken die
die scheinbaren Positionn der Sterne ein wenig in der Richtung zusammen,
in die sich die Erde auf ihrer
Bahn um die Sonne bewegt. Licht zeigt also auch den Regenschirmeffekt.
Das ist aber zunächst merkwürdig: Wenn die Wellenfronten keine Schaumkronen
(Tropfen) tragen, sieht man keine Aberration.
(Fresnel nannte das
vor zweihundert Jahren das schwierigste Problem der Wellentheorie überhaupt.)
Fresnel schloss, dass die Apertur des Fernrohrs aus dem Wellenfeld eine Art Schaumkrone
ausschneidet, und diese dann eben die Aberration zeigt,
wenn die Wellenausbreitung von Tubus, Wänden und anderen Hindernissen
einfach nichts merkt.
(Wer an einem Strand entlang läuft, dem werden von der Wellen getragene
Gegenstände wie die Regentropfen entgegengespült, alles in Ordnung.
Dennoch rollen
die Wellen völlig ungerührt ohne Richtungsänderung an den Strand.)
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Zur Zeit Michelsons jedenfalls war dann alle
Welt von Fresnels Bild überzeugt, und Michelson konnte ohne Zweifel und Vorbehalte
in den Keller ziehen. Deshalb ist das Ergebnis seines Versuchs nicht "`negativ"',
sondern ein richtiger positiver Beweis. Es beweist, dass Fresnels
Ausrede nicht gelten kann. |
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Michelson hat zeit seines Lebens weiter vergeblich versucht,
wenigstens Spuren der Bahngeschwindigkeit der Erde in
verbesserten Anordnungen zu finden.
Er zog aber schon den richtigen Schluß und so wurde sein Versuchsergebnis
ein richtungweisendes Kettenglied in der Entwicklung der Relatiivitätstheorie.
Liefert ein Experiment eine deutliche Abweichung von der Erwartung -- so wie hier,
dann beweist das Experiment etwas, nämlich dass unter unseren Vorurteilen
(eben den Erwartungen) ein Fehler, eine Ratte ist, die man finden muss,
weil sonst alle anderen Schlüsse nur falscher Schein wären.
Asimov wird mit dem Satz zitiert, dass der Ausruf: "Ich hab's gefunden"
weit weniger wichtig ist als die Feststellung "Das ist aber seltsam". |
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Es wurden viele vergebliche geistige Klimmzüge unternommen,
bevor sich Lorentz entschloß, eine Alexander-Entscheidung zu fällen.
Er stellte sich die Frage, wie die Welt aussieht, wenn die Wellenfronten selbst
die erforderlichen Richtungsänderungen zeigen, und fand die Relativität der Gleichzeitigkeit.
Was heißt das?
Wir denken wieder an das Gleichnis des Strandes.
Wenn der am Strand Stehende die Wellen auf sich zu rollen sieht, kommen
die Wellenfronten gleichzeitg rechts und links von ihm an. Würden die Wellenfronten
gekippt aussehen, wenn er losläuft, hieße das, die Fronten träfen vor ihm früher
ans Ufer als hinter ihm. Was zuerst gleichzeitig war, ist es nun nicht mehr.
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%\end{quote}
Auch das Urteil über sie Gleichzeitigkeit bezieht sich auf die Bewegungen der Beobachter gegeneinander.
Lorentz zieht diesen Schluss, aber er schien ihm selbst absurd, virtuell, künstlich, also wieder Ausrede.
Heute muss dieses Kippen der Wellenfronten bei der Synthese der Beobachtungen weit
entfernter Teleskope unmittelbar berücksichtigt werden. |
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Für Einstein war die Unsicherheit der Bewertung der Relativität der
Gleichzeitigkeit Anlass zu der Frage, wie Gleichzeitigkeit
praktisch festgestellt wird. Wissen wir. Braunschweig sendet ein Funksignal,
und unsere Funkuhren stellen sich danach. Nur wer pingelig ist, wendet ein,
dass die Laufzeit des Signals zu einer Korrektur führt. Für eine Uhr auf dem
Mond wird das aber deutlich wichtig. Allerdings: Um die Korrekturen zu berechnen,
muss man eine ideale Signalgeschwindigkeit kennen. Kann man sie messen?
Geschwindigkeit ist Weg pro Zeit. Die Messung einer Länge (an bewegten Gegenständen)
erfordert aber die Kontrolle der Gleichzeitigkeit und damit selbst die Kenntnise
der Geshwindigkeit: Ein gordischer Knoten. |
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Einstein löste ihn mit der Hypothese, dass der Betrag der idealen Signalgeschwindigkeit
eben vor aller Phsik gegeben sein muss und sich insbesondere nicht
durch Zusammensetzung mit anderen Geschwindigkeiten verändert.
Diese Hypothese ist unbeweisbar, weil sie vor aller Phsik, d.h. vor allen Prüfungen
gelten muss. Eine solche Hypothese (Axiom, Prinzip) steht am Anfang aller Beweise, kann und muss
also selbst nicht bewiesen werden. Es kann und muss sich allerdings in seinen Folgerungen bewähren.
Und Einsteins Axiom bewährt sich großartig.
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Die bekannteste Einsicht, die aus Einsteins Axiom folgt,
ist das Zusammenfallen der Erhaltungssätze für Energie und (träge) Masse,
das sich in der Formel E=mc2 ausdrückt.
Die spektakulärste Einsicht ist allerdings die Voraussage und Existenz der
Antiteilchen, eine Beobachtung unabhängig von den Feinheiten einer Messung.
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Ist die Lichtgeschwindigkeit diese ideale Signalgeschwindigkeit?
Im Gültigkeitsbereich der Elektrodynamik ist sie es. Und diese Geschchte beginnt
mit Carl Friedrich Gauß. Physikalische Größen werden an Eichgrößen verglichen, den
Einheiten. In der Mechanik Masse in Gramm, Zeit in Sekunden, Längen in Metern,
alles weitere in Kombinationen (Newton für die Kraft, Joule für die Energie).
Welche Einheiten für Ladung, Stromstärke, Spannung? Gauß fand zwei Möglichkeiten,
sie auf Mechanik zurückzuführen, einmal in der Kraft, die Ladungen aufeinander ausüben
(Coulombsches Gesetz), zum andern in der Kraft zwischen zwei parallelen
durchstömten Leitern (Ampère's kraftgesetzz). Die zwei Einheiten für die
Ladung haben einen Umrechnungsfaktor, und der ist das Quadrat einer Geschwindigkeit.
Der Faktor wurde 1854 von W.Weber und R.Kohlrausch gemessen. Sie fanden im Rahmen
der Genauigkeit das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit und dieses Quadrat
hat mit Bewegungsrichtungen und Zusammensetzungen nichts zu tun, es ist in diesem Sinne absolut.
Die Gaußschen Einheiten werden heute nicht verwendet, weil sie nicht gut genug
technisch reproduzierbar sind: Der Gesetzgeber hat ihre Verwendung sogar verboten,
obwohl sie eine wichtige wissenschaftliche Erkenntnis darstellen.
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