Verschiedene Fragen zum Stichwort Zeit
Sind Zeitreisen (speziell in die Vergangenheit) möglich?
Eine Zeitreise in die Zukunft machen wir alle. Wem es nicht schnell genug geht, bewegt sich nicht schnell genug.
Photonen machen Zeitreisen in die Zukunft ohne zu altern.
Was ist mit der Vergangenheit? Teilchen, die sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen (man kennt keine, aber
vermuten wir mal), könnten in die Vergangenheit gespiegelt werden. Solche Teilchen können aber nicht aus dem Stand auf Überlichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, sie müssen bereits bei ihrer Entstehung Überlichtgeschwindigkeit haben: Auch Photonen werden nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, sondern
haben Lichtgeschwindigkeit vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an.
Allgemein-relativistische Tricks kann man sich natürlich ausdenken
(Raum-Zeiten mit geschlossenen zeitartigen Linien), aber man kann diese
nicht präparieren, weil dazu zuviel Masse als Schwerequelle erforderlich ist.
Man kann sich wohl Gravitationsfelder vorstellen, in denen man wie
beim täglich grüßenden Murmeltier auf eine Zeitschleife gerät,
die dazu nötigen Feldquellen können aber (prinzipiell
oder in unserem Universum) nicht beschafft werden.
Die Vorstellung von R. Mallett, man könne das Problem der
benötigten Masse durch Einsatz von Energie lösen, übersieht,
dass diese Energie genau die Masse hat, die man eben nicht beschaffen kann.
Seine Versuche, in einem Ringlaser Gravitationsfelder besonderer
Eigenschaften herzustellen, sind natürlich technologisch
interessant, auch wenn sie nicht zu einer Zeitmaschine führen werden.
Man hat hier unbedingt das Gefühl, die Zeitmaschinenidee ist nur
ein amerikanisches Vehikel bei der Einwerbung
öffentlicher oder privater Gelder.
Arthur Clarke hat ein mehrfach kopiertes Argument: Gäbe es Zeitreisen, müssten eigentlich
jetzt auch Zeitreisende auftauchen und bei Unfällen auffallen. Es ist aber noch nie einer aufgefallen,
also gibt es wohl auch in der Zukunft kein Zeitreisebureau. Dass Zeitmaschinen nicht möglich sind,
ist aber nur eine der möglichen Schlussfolgerungen, die andere ist,
dass es für die Menschheit keine Zukunft mehr gibt,
in der Zeitmaschinen entwickelt werden können. Ist das zu pessimistisch?
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Wie schnell altert der Raumfahrer?
Nur wenn Raumfahrer so altern wie alle anderen,
sind sie bei Rückkehr weniger gealtert als die Daheimgebliebenen.
Wenn sie zusätzlich graue Haare kriegen vor Aufregung oder
umgekehrt gesünder leben, weil sie weniger Stress mit dem Hausbesitzer haben,
kommt vielleicht noch ein Betrag dazu oder weg, aber die Grundaussage lebt davon,
dass sie genauso altern wie andere.
Auch in der euklidischen Geometrie hat der Umweg eine andere Länge als der direkte,
nur ist er dort länger und nicht kürzer. Und er ist länger,
weil die Maßstäbe sich beim Drehen eben nicht ändern.
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Die Uhren eines bewegten Objekts gehen langsamer?
Die Uhren scheinen nur langsamer zu gehen, eben aus der Perspektive der Bezugsuhr,
wenn sie eben der Bezugsuhr völlig
gleich sind. Das ist nichts anderes als die Beobachtung,
dass ein aus der Gesichtfeldebene herausgedrehter Stab kürzer
scheint als der, der in der Gesichtsfeldebene liegt. Auch diese scheinbare Verkürzung setzt
gerade voraus, dass der Stab bei Verdrehung seine Länge nicht ändert
(das ist der Rat, den man den Bürgern
von Schilda gibt, bevor sie die Rathaustür erweitern,
weil der Balken nicht quer durch die Tür geht).
Die Zeitdilatiation ist ein reiner Projektionseffekt, der mit einer Uhr gemessen wird,
die nicht an das Zeitintervall angelegt ist, das gemessen werden soll (Anlegen heißt
hier Mitbewegen).
Im übrigen: woran soll eine Uhr auch
merken, dass sie sich bewegt? Bewegung misst man nur relativ zu anderen Objekten, und da gibt es viele,
welches soll sich die Uhr aussuchen? Man sieht, dass die Diktion Bewegte Uhren gehen langsamer
logisch nicht konsistent sein kann, wenn Bewegung relativ ist. Sie ist falsch.
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Sind die Strahlen der Sonne 8 Minuten alt, wenn sie bei uns eintreffen?
Nach der Ephemeridenzeit (der Inertialzeit des Sonnensystems) treffen die Photonen bei
uns 8 Minuten nach ihrer Emission ein. Sie sind dabei aber nicht älter
geworden. Wir wissen seit Auffindung der (speziellen) Relativität durch A.Einstein,
dass Photonen nicht altern.
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Entsteht die Zeit im Kopf oder gibt es sie wirklich?
Die Zeit entsteht nicht erst als Konstruktion im Kopf, solange sie in den Prozessgleichungen der
unpersönlichen Natur auftritt und damit zeigt, dass sie wirkt.
Die Frage, ob man diese Prozesse ohne explizite Erwähnung einer Zeit
beschreiben kann, geht viel tiefer und ist offen.
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Wie kann sich die Zeit ausdehnen? Widersprechen sich nicht die verschiedenen Definitionen
der Zeit? Ist das nicht alles ganz schwammig definiert?
Es ist sicher richtig, dass die in nichtwissenschaftlichen
Zeitschriften notwendigerweise um den Kontext verkürzten Darstellungen
oft nicht eindeutig formuliert sind. Sie können aber
auch nicht so eindeutig formuliert werden, weil die genaue
Bedeutung der Begriffe eben im Kontext der nicht dargestellten Theorie
festgelegt ist, der von dem der Umgangssprache (leider!) abweicht,
aber eben auch abweichen muss, weil die Umgangssprache ihre Begriffe eben
nicht aus den Grenzsituationen bezieht, die im gegebenen
Falle beschrieben werden sollen.
Was passiert genau beim Vergleich der auf verschiedenen
Wegen abgelaufenen Zeiten? Es ist (nach der Relativitätstheorie)
so, dass die Uhr eines Reisenden bei Rückkehr anzeigt, dass
auf der Reise weniger Zeit vergangen ist. Wenn die Uhr die
Ausschläge eines Drehpendels zählt, ist die Zahl für den Reisenden
geringer. Wenn das Herz regelmäßig wie eine Uhr schlüge,
hätte der Reisende weniger Herzschläge gezählt als der
Daheimgebliebene. Das heißt aber nicht, dass der Reisende nicht auch
nach 3 108 (eigenen) Herzschlägen mit
seinem Ende rechnen müsste.
In genau diesem Sinn wird sein Leben nicht verlängert.
Hat sein Herz aber mit dem des Daheimgebliebenen gemeinsam begonnen zu schlagen,
dann ist sein 3 108ter
Herzschlag eben später als der 3 108te
des Daheimgebliebenen.
Die Beschleunigung bei der Umkehr kann nun sicher an der Uhr
(bzw. am Herzen) des
Reisenden etwas verstellen oder zerstören, er kann weiße Haare bekommen
oder erkranken, aber das sind alles zusätzliche Verschleierungen,
die mit der Sache im Grunde nichts zu tun haben. Schließlich
kann man sich vorstellen, dass der Reisende bei Umkehr eine andere Uhr
übernimmt, die nicht beschleunigt werden muss, weil sie ihm
im richtigen Moment entgegenkommt. Der Reisende steigt bei Umkehr
quasi auf eine andere unbeschleunigte Uhr um und liest auf ihr weiter ab.
Der Effekt tritt dann ganz ohne Beschleunigung der Uhren ein. Die
Dauer der einzelnen Abschnitte der Bewegung werden dann mit unzweifelhaft
unbeschleunigten Uhren gemessen,
d.h. der Effekt hat nicht mit Beschleunigungen zu tun, sondern
mit einem Dreieck von Bewegungsabschnitten. Und dass die Summe der
Maße
zweier Dreieckseiten von dem der dritten verschieden ist,
ist uns eigentlich aus der euklidischen Geometrie schon geläufig.
Die Lebensdauer der Muonen ist sicher ein Zeichen für die Zeitdilatation,
aber es gibt auch technische Anwendungen: Instabile Teilchen könnten in
einem Beschleuniger überhaupt nicht bearbeitet werden, wenn ihre
Lebensdauer im Fluge nicht scheinbar verlängert wäre.
Noch viel beeindruckender ist die schon seit langem
nachgewiesene Existenz von Antiteilchen (Positronen, Antiprotonen,
Antineutronen), die als Folge der Relativitätstheorie
vorausgesagt wurden und die strukturelle Richtigkeit
(nicht nur die Größe irgendwelcher Koeffizienten und Effekte)
der Theorie bestätigen. Korrekturen an den Koeffizienten
und dem großräumigen Zusammenhang werden dann erst mit der
Beschreibung des Gravitationsfeldes nötig, an den strukturellen
Gesetzen wird dabei aber nichts geändert.
Man muss auch bedenken, dass etwa die Widerspruchsfreiheit einer Theorie
nicht unmittelbar etwas mit ihrer Anwendbarkeit zu tun hat. Eine Theorie
kann widerspruchsfrei sein, ohne Anwendung zu finden, oder ohne
auf den gewünschten Fall anwendbar zu sein. Die Relativitätstheorie
ist -
bereits unabhängig von irgendeiner physikalischen Messung -
eine widerspruchsfreie Theorie, in gleichem Sinne
widerspruchsfrei wie die euklidische Geometrie. Dass sie
auch anwendbar ist, zeigen ihre nachprüfbaren Voraussagen.
Dennoch bleibt es nach meinem Geschmack bereits eine
Verkürzung, wenn man bei einer Theorie die Attribute wahr und falsch
benutzt.
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Die Zeit in der Sendung Terra X des ZDF vom 13.5.2010
Kommentare zu den üblichen Popularitäten
- Wir können allem entfliehen, aber nicht der Zeit: es gibt so viel, dem wir nicht
entfliehen können, aber ich werde jetzt nicht politisch. Aber im Ernst: was soll das heißen, der Zeit entfliehen? So wie wir uns vorstellen können, an einen anderen Ort zu reisen, können wir uns auch vorstellen, zu einem anderen Zeitpunkt reisen, allerdings nur in die Zukunft, mit bisher nicht betreibbaren Aufwand, und eine Rückkehr ist unmöglich.
- Die Zeit rast und wir rennen ihr hinterher: Das ist Poesie, aber keine Physik.
Die Assoziationen sind alle falsch.
- Der Ausdruck natürlicher Rhythmus der Zeit verwechselt (wie die meisten Musiküsse auch) Rhythmus mit Metrum. Das natürliche Metrum muss die Gesetze der Veränderungen
so einfach wie möglich machen. Den Beat dieses Metrums lesen wir von den guten Uhren ab.
- Der Ausdruck die Geschwindigkeit, mit der sich unsere Umgebung verändert
verwechselt Geschwindigkeit mit Rate. Da wir die Veränderung an der Umgebung selbst messen
und keine Bewegung im Raum gemeint ist, muss es Rate heißen.
- Es ist schon denkbar, dass die Ursache der Wirkung folgt, wie der schlechte Scherz mit dem
Arzt und seinem verstorbenen Patienten verdeutlicht.
- Der Ausdruck blanke Theorie wird gewöhnlich als Verunglimpfung der Wissenschaft benutzt. Eine Theorie, die
ansonsten unverstandene Beobachtungen in einen gemeinsamen Zusammenhang bringt, der durch logischen
Schluss aus einer kleinen Reihe von Voraussetzungen (Hypothesen) entsteht, ist das Beste, was Wissenschaft erreichen kann.
Vermutungen und Wunschvorstellungen ohne entwickelbare oder prüfbare Folgen sind keine Theorie und
keine Hypothese, sondern eben nur mehr oder weniger absurde Vermutungen. Sie als Hypothese oder Theorie
zu bezeichnen, ist üble Nachrede gegen die letzteren.
- Je nach Position des Betrachters kann die Zeit mal schneller, mal langsamer vergehen.
Es ist nicht die Zeit, die vergeht, sondern die Prozesse, die ablaufen. Und nur wenn die Abläufe
für alle Bewegungen gleich sind, erscheinen sie aus der Perspektive eines Beobachters langsamer
als seine eigenen, wenn sich die Objekte, auf denen sie ablaufen, zum Beobachter bewegen. Statt Position muss es Bewegung heißen.
- Einstein wollte beweisen, dass die Gesetze immer und überall im Universum gleich sind.
Erstens kann man das nicht beweisen, sondern nur (mit mehr oder weniger guten Gründen) unterstellen,
zweitens waren schon Newton und Galilei so weit. Auch die Relativität von Raum und Zeit
ist wenigstens schon so alt.
- Einstein wußte, dass nichts schneller sein kann als das Licht: Das hat er nicht einfach so gewusst,
sondern er hat es aus seiner Hypothese, die Lichtgeschwindigkeit setze sich ohne Betragsänderung mit
anderen Geschwindigkeiten zusammen, geschlossen.