Magnesium -- was tun?
Versuchen wir, die Bewertung des Magnesiummangels von der Seite des Patienten aufzurollen.
Wahrheit, Wirtschaft und Werbung
Wir leben in einer Zeit, in der offen wirtschaftliches Denken auch in der Medizin durchgesetzt
werden soll. Das hat zur Konsequenz, dass auf lange Sicht der Arzt den Patienten behandeln
muss wie der Händler den Kunden: die Wahrheit über das Produkt
wird Betriebsgeheimnis, Information wird durch Werbung ersetzt.
So wie der Kunde zwischen den Zeilen der Werbung lesen muss, wird er auch gezwungen sein, die Aussagen
nicht nur der Arzneimittelhersteller, sondern auch der Ärzte zu überdenken und zu werten.
Er wird gezwungen sein, die aufmunternden wie die warnenden Hinweise der gedruckten wie der
mündlichen Beipackzettel kritisch zu hinterfragen.
Kurz, er wird gezwungen sein, jede Medikamenteneinnahme und jede Behandlung als Selbstversuch in Angriff zu
nehmen und sich entsprechend vorzubereiten.
Wenn man einen Selbstversuch beginnt, muss man alle Beobachtungen geeignet fixieren.
Will man seine Kopfschmerzen behandeln, so muss man eben notieren, zu welchen Tageszeiten
und Wochentagen sie auftreten, welche Wetterentwicklung am Tage herrschte, welche
Stressfaktoren oder körperliche Anstrengungen voraufgegangen sind.
Man muss notieren, wann man welche Medikamente nimmt, wie die Erholung
verläuft und wann man wieder beschwerdefrei ist.
Man muss einkalkulieren, dass neue Medikamente nicht langfristig erprobt
sein können und
speziell langfristigere Nebenwirkungen unbekannt sein müssen. Die Industrie versucht
selbstverständlich,
neue Medikamente als hochwertig zu promovieren. Wird ihr geglaubt, verdient sie nicht
nur Geld beim Verkauf, sondern muss auch langfristige Beobachtungen nicht selbst bezahlen,
kann sogar auch an diesen verdienen.
Der Patient muss selbst abwägen,
ob er die bekannten, also kontrollierbaren Nebenwirkungen eines seit langem
bekannten Medikaments eintauschen will gegen die unkontrollierbaren, weil
unbekannten Nebenwirkungen eines neuen Medikaments.
Es ist wie bei allem Weglaufen: Man tauscht bekannte Probleme gegen unbekannte
ein. Jeder muss für sich entscheiden, was ihm lieber ist
Der Patient muss selbst die Zusammensetzung der Medikamente kontrollieren. Viele
Arzneimittel sind nur so neu wie ihr Name, die Wirkstoffe sind gelegentlich
identisch mit vorhandenen Medikamenten, bei denen sich die Händler nicht trauen,
so unverschämte Preise zu verlangen, wie das bei neuen Namen möglich erscheint.
Patienten, die mündig genug sind, selbst zu prüfen, werden sich informieren;
wer unsicher ist,
sollte sich eine Selbsthilfegruppe suchen, in der man sich gegenseitig unterstützen kann.
Selbsthilfegruppen werden in ihrer Bedeutung sehr zunehmen, soweit diese
frei von der Notwendigkeit sind, in ihrem Wirken an eigenen wirtschaftlichen Erfolg zu
denken.
Die Industrie wird versuchen, dem entgegenzusteuern, indem sie mit Hilfe
ihrer Lobby Zulassungsanordnungen
so formulieren lässt, dass ihre neuen Medikamente diese passieren, den wohlbekannten
aber immer neue Hürden in den Weg gelegt werden. Auch dafür gibt es bereits Beispiele
genug. Eine solche Hürde ist die klinische Studie, die immer in der neuesten
Form verlangt wird, wie sie der Industrie gerade zur Verfügung steht,
und wie sie natürlich für
lange bekannte und einfache Wirkstoffe schlicht
nicht immer wieder durchgeführt werden kann,
weil diese nicht teuer genug sind, um solche Studien zu bezahlen.
Logisch (nicht juristisch) bedürfen die letzteren solcher Studien aber überhaupt nicht,
weil die Geschichte ihrer Anwendung Beweis genug ist.
Darüber hinaus, und das wissen unter Umständen noch nicht einmal die Versuchsplaner,
ist der Empirismus einer klinischen Studie
völlig ungeeignet, wirkliches Vertrauen in ein Medikament
zu begründen. Die Versuchsplaner wissen es in der Regel nicht,
weil ihre Kenntnisse der mathematischen (deutsch: richtigen) Statistik
einfach unzureichend sind. In jedem Physikum werden die Probleme bekannt, die der
Medizin- oder Pharmakologiestudent mit mathematischer (deutsch: richtiger) Behandlung
entsprechender Probleme hat.
Magnesium
Wir wollen die Situation am Beispiel des Magnesiums
erläutern, weil wir damit besonders konfrontiert sind.
Es gibt eine Reihe von prominenten Fallbeispielen, wo sich bestimmte chronische
Krankheitssymptome als Magnesiummangel entpuppen. Solch ein Zustand führt
zur Bildung von Selbsthilfegruppen, weil der Arzt in Ermanglung, Unkenntnis
oder Fehlinterpretation
systematischer klinischer Studien den kausalen Zusammenhang schlicht nicht glaubt.
Im Falle des Magnesiums tut er das schon deshalb nicht, weil in (fast)
allen Lehrbüchern steht, dass Magnesiummangel praktisch nicht vorkommt.
Die Studien, die es gibt, kommen zu schwankenden Ergebnissen. Nur
die Mitglieder der Selbsthilfegruppen erleben nach jahrelangem Erdulden dieser Situation
die Behebung ihrer Probleme durch Magnesiumsupplementierung als Wunder.
Wie soll man nun entscheiden, wer Recht hat?
Dazu muss man lernen, was jenseits aller Medizin, Pharmakologie
und Gesundheitswirtschaft die Biochemie
zur Wirkung des Magnesiums zu sagen hat.
Die Rolle des Magnesiums im Organismus
Es wird von niemandem bezweifelt, dass Magnesium eine zentrale Rolle im
Organismus spielt. Zentral ist die Bedeutung des Magnesiums für die Energieerzeugung
in den Mitochondrien der tierischen Zellen, also in allen Geweben des menschlichen
Körpers. Zentral ist die Bedeutung für die Regelung des Calciumstoffwechsels.
Der Zelltod tritt ein, wenn die Zelle von Calcium überschwemmt wird, weil
nicht genügend Magnesiumionen vorhanden sind, die Kanäle zu regulieren, die den
Calciumzufluss in die Zelle gestatten.
Die moderne biochemische (nicht medizinische oder pharmakologische) Forschung
ist dabei, auch die sekundäre Bedeutung des Magnesiums für die Synthese,
Aktivierung und
Wirksamkeit spezieller Enzyme und Fermente aufzuklären.
Magnesiummangel ist an jeder Stelle im Stoffwechsel geeignet, Störungen hervorzurufen.
Klinische Spezifik kann nicht ausgeprägt sein.
Das ist der Grund, weshalb der Arzt normalerweise glaubt,
dass mit Magnesium eben nichts Spezifisches zu kurieren sei, und den Gedanken an Magnesium
beiseiteschiebt.
Zunächst einmal folgt aus der weitverbreiteten biochemischen Bedeutung des Magnesiums,
dass der Organismus viele Regelungen auch für das Magnesium bereithält, dass
er Speicherorgane für das Magnesium hat, und dass vor allem die Konzentration
im Serum sich unabhängig von der tatsächlichen Verfügbarkeit nur wenig
ändert. Deshalb ist bei den Serumtests besondere Sorgfalt gefragt, die allerdings
i.a. jenseits der mathematischen Reichweite der angewandten Methoden liegt.
Speicherorgan ist der Knochen, in dem Magnesium zusammen mit Calcium eingebaut
wird. Die Regelung der Magnesiumkonzentration in den Knochen bewirkt zwangsläufig,
dass bei Magnesiummangel auch kein Calcium eingebaut werden kann: Magnesiummangel
ist also Disposition für Osteoporose.
Magnesium und Calcium sind beide Erdalkalien.
Ihre Ionenkonzentrationen beeinflussen sich gegenseitig.
Solange kein Beweis für das Gegenteil (fehlende oder unklare klinische
Studien sind kein solcher Beweis) im Einzelfalle vorliegt, muss man annehmen,
dass Störungen der Magnesium-Calcium-Homöostase für Ablagerungen aller
Art disponiert, vom Nierenstein über den Arterienkalk bis zu den Plaques.
Zuvörderst aber überlastet Magnesiummangel alle Regelungssysteme, erst das für die
Ionenhomöostase selbst, dann aber alle Regelungen, an denen Magnesium beteiligt ist.
Magnesiummangel ist also Disposition für Stressempfindlichkeit und Stressfolgensymptome.
Magnesium ist unmittelbar an der Energiebereitstellung in den Zellen beteiligt,
indem es die Aktivität des ATP-Stoffwechsels bestimmt.
Magnesiummangel disponiert also für Krampfreaktionen
aller Art. Sportärzte wissen das und geben den Sportlern ohne alle zeitraubende
Blutprobe
und Serum-Analyse Magnesium, um Muskelkrämpfe zu lösen und ihnen vorzubeugen.
Magnesiummangelinduzierte Krampfreaktionen betreffen aber auch Spasmen der unwillkürlich
gesteuerten Muskulatur und disponieren fü Asthma, Nierenspasmen, Zittern
bis hin zum ADHS und zur Agoraphobie.
Magnesium ist an Ferment- und Hormonproduktion und -aktivierung beteiligt. Es ist
unerheblich, in welchem Maße genau, um festzustellen, dass Magnesiummangel für
Drüsenunter- und Fehlfunktion disponiert, vordergründig für Diabetes, aber auch
für ...
Disposition, Prophylaxe und die Behandlung akuter Krankheiten
Wer über Magnesiumprophylaxe die Nase rümpfen möchte, beruft sich vor allem auf die
mangelnde Spezifik des Magnesiummangels. Magnesiumanwendung heilt selbst
keine Infektionskrankheit und keinen organischen Defekt. Magnesiummangel aber
schwächt alle Regelungssysteme und disponiert für perpetuierende
und chronische Krankheitsverläufe.
Niemand stellt in Frage, dass eine akute Krankheit, sagen wir eine Infektion,
mit körperfremden Giften (Antibiotika) behandelt werden kann und muss.
Aber das Immunsystem ist eine Steuerung, die wie alle stessbelasteten Steuerungen
empfindlich gegen Magnesiummangel sind.
Wer z.B. besonders häufig unter Infektionen leidet,
sollte zumindest darüber nachdenken,
ob er nicht besonders disponiert ist und deshalb eine Magnesiumsupplementierung versuchen
sollte.
Alle chronischen und perpetuierenden Krankheitsverläufe
muss man als Regelungsfehler verdächtigen,
insbesondere auch für solche, bei denen konkrete somatische Ursachen nicht
zweifelsfrei festgestellt werden können und wo die Patienten zum
Psychiater geschickt werden, der wieder nur Drogen (d.h. hier körperfremde Stoffe)
zur Hand hat. Regelungsfehler
sind keineswegs alle einem Magnesiummangel geschuldet, aber Magnesiummangel sollte
abgeklärt werden, bevor zu Drogen gegriffen wird.
Orale Magnesiumsupplementierung ist einfach und vergleichsweise billig, und sie ist
bis auf bekannte Fälle einer speziellen Nierenkrankheit und einer oral nicht erreichbaren
Überdosierung absolut nebenwirkungsfrei.
Magnesium ist eben keine Droge, sondern ein körpereigener Stoff. Es gibt ausgiebige
Diskussionen warum und wieso und in welchem Masse und mit welcher Sicherheit ...
All das hilft dem Patienten nicht. Da er am Ende doch Versuchsobjekt ist, kann
er gleich selbst anfangen. Hat er Probleme der in der beigefügten Liste
aufgezählten Art, fängt er einfach an und notiert jeden Tag den Beschwerdeverlauf.
So kann er feststellen, ob er nach 6 Wochen Besserung spürt. Falls nicht,
kann er aufhören. Falls doch, macht er weiter und kann beginnen, die bisher
verordneten Drogeneinnahme langsam zu reduzieren, natürlich nur,
solange sich die Beschwerden nicht wieder einstellen. Selbstversuche setzen
Selbstkontrolle voraus, das ist bei Magnesium nicht anders als bei den üblichen Drogen.
Allerdings steht die Frage der täglichen Menge.
Die medizinische Folklore behauptet, 300 mg Magnesium brauche der Körper pro Tag.
Gemessen ist das an der bei Gesunden in Ruhe pro Tag ausgeschiedenen Menge Magnesium.
Richtig bewertet, sagen diese Messungen aber nur, dass bei Mangel 300mg pro Tag
noch gar nichts Wesentliches bewirken können. Die existierenden Studien
setzen jedoch als tägliche Menge immer diese 300mg an und erhalten deshalb auch keine
eindeutigen Resultate. Wer Magnesiummangel abtun will, beruft sich dann auch immer auf die
fehlende Eindeutigkeit dieser Studien. (Gelegentlich werden diese auch
als mathematisch exakt apostrophiert, obwohl diese Floskel nur zur Einschüchterung
benutzt wird. Man beobachtet das auch bei flotten Sprüchen, die als chinesisch oder
fernöstlich apostrophiert werden, um sie imposanter zu machen, über die man
in China aber nur den Kopf schüttelt.)
Studien mit höheren Magnesiumgaben existieren unseres
Wissens nicht. Hier kann bisher nur die Erfahrung der Selbsthilfegruppen
einsetzen. Warum haben die Mitglieder dieser Gruppe Erleichterung
durch Magnesiumsupplemetierung? Sie nehmen einfach mehr, sie nehmen eine Menge, die nicht
nur (die unter Umständen erhöhte) Ausscheidung kompensiert (auch die
Resorption kann zu gering sein), sondern die leere Speicher auffüllen kann
und dem Mangel durch ein genügend großes Angebot abhelfen kann.
600 mg pro Tag ist nach dieser Erfahrung die minimale tägliche Dosis,
die Erleichterung verschafft, aber die Mehrzahl unserer Mitglieder nimmt
die doppelte Menge, um beschwerdefrei zu sein.
Die Erfahrung von
Selbsthilfegruppen wird von der regelsetzenden Ärzteschaft geringschätzig
betrachtet oder zumindest ignoriert, obwohl diese Erfahrungen doch wenigstens
die Regeldosis indizieren sollten. Wenn die Selbsthilfegruppen 600mg pro Tag
als minimale Dosis ermitteln, dann ist jeder Test, der mit 300 mg Dosis
arbeitet, sinnlos oder beabsichtigt von vornherein,
Magnesium als Konkurrent zu den teuren Drogen zu diskreditieren
und auszuschalten. (Es ist schon merkwürdig, wenn man Kollegen trifft,
die im Brustton der Überzeugung mit Statistik argumentieren und
Magnesiumsupplementierung ablehnen, aber
Millimol Magnesiumsulfat nicht in Milligramm Magnesium umrechnen können.)
Das Magnesiummangel-Syndrom
beide Schemata, aber erläutert
Wer das Magnesiummangelsyndrom kennt, wer an sich selbst Magnesium-positive Erfahrungen
gemacht hat, wer einen Kreis von Betroffenen mit den gleichen Erfahrungen kennt,
der muss schon schlucken, wenn in Fernsehsendungen und Diskussionsforen über chronische
Krankheiten aus dem Arsenal des Magnesiummangelsyndroms gesprochen wird, ohne dass
Magnesium überhaupt erwähnt wird. Gerade die Beschwerden mit prominent psychischer
Komponente schreien nach einer experimentellen Abklärung des Magnesiummangels,
aber das scheinbar begründete Vorurteil verhindert dies zum Schaden der Betroffenen,
die entweder unnötig mit Drogen behandelt oder einfach ausgelacht werden.
Besonders schlimm empfindet man, wenn Kinder, deren sogenanntes ADHS
nur Magnesiummangel sein könnte (besonders wenn man die Begleitsymptome
in Betracht zieht, die aus dem Arsenal des Magnesiummangel-Syndroms stammen),
an Drogen (Ritalin) systematisch gewöhnt werden, bevor sie selbst die
gefährlichen und nun wirklich psychischen Nebenwirkungen solcher Behandlung
einschätzen und sich wehren können. Aber schon Molière formuliert:
Es ist besser zu sterben als gegen die Regeln der Akademie zu leben.
Die Antwort
Glauben Sie nichts, was Sie nicht überzeugt, auch diesen Artikel nicht, wenn er
das nicht kann. Probieren Sie es einfach aus!
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