Wieviel wiegt das Vakuum?
D.-E.Liebscher, http://www.aip.de/~lie/
Eine absurde Frage, so scheint es. Wenn man aber den Erkenntnissen der Physik des 20.Jahrhunderts folgt, so wird es
unvermeidlich, Vakuum als pure Abwesenheit präparierbarer und identifizierbarer Objekte, Moleküle, Atome, Teilchen, Quanten
zu verstehen, nicht aber als Abwesenheit von Energie. Energie aber trägt Masse (wir kennen das in der Formel E = mc2),
und diese sollte zur Schwerkraft beitragen. Wieviel es ist, wollen wir verstehen.
Energie wird in Quanten übertragen und die Übertragung sieht immer wie ein Stoß von mechanischen Teilchen aus. Alle Elementarteilchen können und werden deshalb als Quanten verschiedener Felder verstanden. Im Vakuum gibt es keine übertragbare Energie mehr, das schließt aber nicht aus, dass es noch Energie gibt, die sich durch ihre Schwerewirkung bemerkbar macht. An dieser Schwerewirkung im Universum wird sie bestimmt. Wieviel trägt die Energie des leeren Raums bei?
Die Antwort ist ein Schluss, der mit der Feststellung beginnt, dass Bewegung zunächst in einem leeren Raum stattfinden muss. Ist der Raum mit etwas erfüllt,
wie unsere Umgebung mit der Luft, dann muss diese zur Seite weichen, wenn sich ein Körper hindurchbewegen will. Wir sehen
das unter anderem am Luftwiderstand.
Im leeren Raum ändert sich die Bewegung zunächst nicht, sie ist geradlinig und gleichförmig. Änderung dieser Bewegung
erfordert Wechselwirkung mit anderen Körpern, die nun paradoxerweise den leeren Raum zu überbrücken scheint und
den Austausch von Energie, Impuls und anderen bilanzierbaren Größen möglich macht. Wir sprechen von Kraftfeldern,
wenn wir dies meinen.
Raum und Zeit haben aber eine merkwürdige Geometrie, die in der Relativitätstheorie untersucht wird. Wir müssen hier
nur wissen, dass Gleichzeitigkeit über den gesamten Raum nicht gut bestimmbar ist, und bei wechselwirkenden Körpern
die Bilanz ihrer Impulse und Energien nur aufgeht, wenn wir auch den Feldern selbst Energie und Impuls zuschreiben.
So trägt das elektromagnetische Feld Energie, was wir an der Wärmestrahlung spüren,
und sein Impuls ist im Lichtdruck elementar nachweisbar.
Nun haben wir bei der Untersuchung atomarer Systeme gelernt, dass Energie nur in kleinen Quanten von einem Objekt zum anderen
übergeben werden kann. Diese Quanten sind nach den Maßstäben des täglichen Lebens so klein, dass wir sie
nicht einzeln wahrnehmen, aber beim Energieaustausch atomarer Systeme sind sie wesentlich. Es zeigt sich nun, dass wir die
Felder als Summe von solchen Quanten auffassen können, die sich ihrerseits wie Teilchen benehmen. Umgekehrt muss man
die elementaren Teilchen als Quanten entsprechender Felder darstellen. Das ist keine Spinnerei, sondern hat zu
bedeutenden Entdeckungen geführt, etwa die der Antiteilchen.
Im Kleinen ist die Welt also erfüllt mit Feldern, deren Quanten sich wie Teilchen bewegen und miteinander wechselwirken.
Vakuum ist die Abwesenheit all dieser Teilchen, die Abwesenheit von Energie, die als Quanten absorbierbar ist.
Allerdings ist ein atomares System auch dann nicht in Ruhe, wenn das Konto der abhebbaren Energie leer ist. Ein Rest
Bewegung, die sogenannten Nullpunktsschwankungen, bleiben, und ihre Energie im Ganzen zu berechnen, für alle
wesentlichen Felder, ist kein einfaches und auch kein endgültig gelöstes Problem. Wir wissen nur, dass das Vakuum,
so seine Energiedichte von Null verschieden ist, diese nicht dadurch ändern kann, dass das von ihm eingenommene
Volumen verändert wird. Der Druck des Vakuums muss negativ sein, und so groß wie die Energiedichte selbst.
Wo können wir die vermutete Schwere des Vakuums beobachten? Sicher nicht an isolierbaren Objekten, denn das Vakuum ist
ja gerade nicht isolierbar und auch in deren Umgebung. Wir spüren das Gewicht des Vakuums
nur am Verlauf der Expansion des Universums, die ja
von der Schwere aller seiner Komponenten bestimmt wird. Wir messen diesen Verlauf mit den Methoden der Astronomie,
und wir sehen heute, dass das Vakuum eine konstante Dichte hat und diese die
(sich im expandierenden Universum ständig verdünnende) Dichte der Teilchen
bereits weit überwiegt (Vakuum zu Teilchen etwa wie 7:3). Der leere Raum ist bereits mehr als doppelt so schwer wie sein
gesamter Inhalt.
Dierck-E.Liebscher, Astrophysikalisches Institut Potsdam, http://www.aip.de/~lie/