Von den Keplerschen Gesetzen zu den Newtonschen Axiomen
Dierck-E.Liebscher, Potsdam
dazu die Ergänzung (nach dem Vortrag am 25.6.09) und eine
Diskussion möglicher Missverständnisse
Die Keplerschen Gesetze der Planetenbewegung und die Newtonschen Axiome der Mechanik kann man in jedem besseren
Physikbuch (zumindest der gymnasialen Oberstufe) lesen. Es ist aber dort im allgemeinen kein Platz
und im Unterricht auch keine Zeit, um an diesen die Widersprüche in der Forschung, genauer den
Zusammenhang von Erfahrung, Vorurteil, Geistesblitz und Beobachtung elementar darzustellen.
Das ist zu bedauern, denn diese Gelegenheit kommt erst bei der Einführung in die Relativitätstheorie wieder,
und jene wird regelmäßig durch das Vorurteil, sie sei besonders schwierig, verdeckt. Deshalb
soll dieser Zusammenhang hier genauer dargestellt werden, wenn auch in platzbedingter Unvollständigkeit
und mit der Bewertung aus heutiger Sicht, die immer etwas altklug daherkommt.
Folgende Themen werden dabei angesprochen:
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Rückläufigkeit der Planeten
Der Übergang vom geozentrischen Weltbild zum heliozentrischen Weltbild ist der von einer
Hypothese zu einer Theorie, wenn man an die beobachtete Rückläufigkeit der Planeten
denkt. Der Unterschied von Hypothese und Theorie wird an diesem Beispiel vorgestellt.
-
Warum gibt es 6 Planeten?
Auch wenn Keplers Ziel, die
Abstände der Planeten von der Sonne und ihre Zahl
mit den Platonischen Körpern zu begründen, nicht erreichbar ist,
sind homologe Vorstellungen in Quanten- und Elementarteilchenphysik erfolgreich.
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Die Stellung der Planeten zeigt die Zeit
Keplers zweites Gesetz reduziert die Bestimmung der Zeit auf eine geometrische Aufgabe (Ephemeridenzeit).
Wenn man die geeignete Vernachlässigung zu kleiner Beiträge beherrscht ---
das ist der Kern der von Leibniz und Newton begonnenen Differentialrechnung ---
kann man aus dem Keplerschen Flächensatz zwingend ableiten,
dass die Geschwindigkeitsänderung auf der Bahn immer auf
die Sonne zu gerichtet ist und wegen der Ellipsenform auch
reziprok zum Quadrat des Abstand von der Sonne mit dem Abstand kleiner wird.
-
Schwere Masse
Mit dem dritten Keplerschen Gesetz wiegen wir einen Stern an Hand der Bewegung seiner Begleiter,
eine Galaxie mit der Bewegung ihrer Gaswolken
und ihr Zentrum mit der Bewegung seiner unmittelbaren Umgebung. Halten wir
am dritten Keplerschen Gesetz fest, schließen wir auf die transparente dunkle Materie und
die zentralen Schwarzen Löcher.
- Was ist eine Gerade?
Nicht die Geschwindigkeit der Bewegung bedarf einer Ursache,
sondern die Beschleunigung, obwohl dies der alltäglichen Erfahrung widerspricht,
dass alle Bewegung einen permanenten Antrieb
braucht, wenn sie nicht zum Erliegen kommen soll. Die Bahnen unbeschleunigter Bewegung
sind Geraden. Was aber ist eine Gerade?
Ein Lichtstrahl? Nicht ohne weiteres, denn wir beobachten
Gravitationslinsen, Brechung und Reflexion. Ein Lineal? Das ist ein fester Körper, dessen Stabilität erst
in der Folge erklärt werden kann. Ob eine Kurve eine Gerade ist, entscheidet sich über die Eigenschaften gleichartiger Kurven: Geraden schneiden sich höchstens einmal.
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Fernwirkung
Eine widerspruchsfreie und anwendbare Theorie bedarf keines mechanischen Modells.
Die Kraft, die die Planeten auf ihren Bahnen um die Sonne hält, ist allein durch das
Abstandsgesetz definiert. Hypothesen mache ich nicht, war Newtons Haltung.
Eine erfolgreiche deduktive
Beschreibung von Phänomenen jenseits des Erfahrungsbereichs
muss und kann
nicht durch Modelle aus dem bekannten Erfahrungsbereich
verstanden werden. Sie soll ja auch
über das Bekannte hinaus.
- Träge Masse
Newton bezieht im zweiten Axiom Masse und Kraft aufeinander.
Das ist eigentlich nicht erlaubt, wenn man kein Vorurteil zum Begriff Masse hat.
Dagegen wird im dritten Axiom die Kenntnis der Kraft eigentlich
nicht benötigt. Es ist der
Impulssatz (das dritte Newtonsche Axiom). Er legt fest, was (träge) Masse ist.
Die Newtonsche Formulierung actio = reactio ist nur ein Spezialfall des Impulssatzes.
Ohne äußeren Einfluss bleibt der Impuls eines Systems (die Summe der mit den
trägen Massen gewichteten Geschwindigkeiten) erhalten.
Jetzt erst wird das zweite Axiom zur Definition der Kraft
und zur Aufgabe, die Form zu finden, mit dem diese
Kraft zu beschreiben ist, damit man umgekehrt aus diesem
Gesetz die Bewegung erschließen kann.
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Masse
Warum ist es so einfach, die schwere Masse (bei der Erzeugung der Schwerkraft gefunden) und die träge Masse (die Trägheit bei Bewegegungsänderung) zu vermengen?
Beide sind proportional: das ist die entscheidende Entdeckung (Galileis Pendelversuch), die in
ihrer letzten Konsequenz zur Allgemeinen Relativitätstheorie
geführt hat.
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Vakuum
Die Relativität der Gleichzeitigkeit erzwingt zusammen mit dem Impulssatz, dass auch
den Feldern im ansonsten leeren Raum Energie und Impuls zugeschrieben werden muss.
Der leere Raum ist in diesem Sinne nicht mehr so leer,
wie er bei absoluter Gleichzeitigkeit sein kann.
Mit den in der Quantenphysik gefundenen
Zusammenhängen führt dies zur Frage nach dem
Gewicht des Vakuums
(der sog. dunklen Energie).